Warum Menschen und Gesellschaften dumme Entscheidungen treffen ist die zentrale Frage im Buch „Kollaps, Warum Gesellschaften überleben oder untergehen“, von Jared Diamond. Eine Schwarte von fast 700 Seiten braucht es offenbar, um ein paar sinnvolle Antworten zu sammeln. Diamond ist Professor für Physiologie an der Universität in Los Angeles. Sein Hauptfocus liegt auf der Erforschung der Evolutionsbiologie. Da liegt der Buchtitel ja in der Nähe.
Von Pythagoras ist die knurrige Aufforderung überliefert, man solle schweigen oder Dinge sagen, die noch besser sind als Schweigen. Der war schon weiser als Wittgenstein, der in seiner Dissertation (bekannt als Tractatus logico philosophicus) schrieb: „Worüber man nicht reden kann, soll man schweigen.“ Ich denke: Angesichts der ungeheuren Phänomene (oder soll ich das wirklich Entscheidungen nennen?), die tagtäglich vor unser aller Augen aufgeführt werden, sprechen, schreien, brüllen und handeln immer noch zu wenige Menschen. Ist das die Konsequenz einer schwach ausgeprägten analytischen Wahrnehmung, eines bereits eingeschüchterten Verstehenwollens? Ein zugemauertes Herz? Sind wir zu erschöpft, zu weit fortgeschritten im Burn-out? Resigniert, deprimiert, ohnmächtig?
Dabei geht es um die große Transformation, auf der Basis eines neu auszuhandelnden Gesellschaftsvertrags. Darum sollte es zumindestens gehen. Es geht um die Frage, ob wir wirklich klug weitsichtig genug dafür sind – klug genug in den Institutionen, klug genug in den politischen Gremien und Parteien, klug genug in innovativen Unternehmen und kreativer Ökonomie, klug genug in partizipativen Prozessen, klug genug in der Verantwortung und der Teilhabe am großen Ganzen, klug genug in Regionen und Gemeinden, klug genug in Nachbarschaften durch intelligentere Formen von Besitzen und Teilen, klug genug in interreligiösen Dialogen, klug genug im Umgang mit uns selbst und anderen, klug genug im vernünftigen Einsatz von Geld, klug genug in lebendiger Bildung und dem Erwerb von wesentlichen Zukunftskompetenzen, klug genug für nötige und sinnvolle Kooperationen mit anderen, die das Gleiche oder genau das nötige Andere tun wie wir…und es geht um die Stärkung der Resilienzfähigkeit von Menschen und Organisationen.
Denn vor uns gab es andere Hochkulturen, und sie sind zu Staub zerfallen. Vergänglichkeit ist ein karmisches Gesetz. Sind wir lernfähig genug? Können wir unsere unbestreitbaren technischen Vorteile, unseren weiten Geist und unsere Empathiefähigkeit zum Überleben nutzen – zum Wohle aller?
Bei Diamond gibt es vier relevante Punkte, über die es sich lohnt nachzudenken:
- Es ist möglich, dass eine Gesellschaft ein Problem nicht voraussieht;
- Es ist möglich, dass eine Gesellschaft ein Problem einfach nicht wahrnehmen will;
- Es ist möglich, dass eine Gesellschaft ein Problem zwar erkennt, aber keine angemessene Anstrengung unternimmt, es zu lösen;
- Es ist möglich, dass politische und gesellschaftliche Eliten die Folgen ihrer eigenen Handlungen nicht wahrhaben wollen, was natürlich die Transformation behindert, den Zusammenbruch aber beschleunigt.
Was meinen Sie? Welche von den vier Aussagen trifft auf uns zu? – – –
WAS sagen Sie? ALLE?