Ich lebe mit meiner Frau in einem MehrgenerationenWohnprojekt, das auch gleichzeitig eine selbstverwaltete Genossenschaft ist. Ohne persönliches Engagement in Selbstverantwortung läuft hier nichts. ( Das ist aber auch der Grund, warum Sie bei der GLS Bank in der Kategorie „Investieren Sie Ihr Geld in Wohnprojekte dieser Art“ nachlesen können, dass hier Ihr Geld sicherer ist – oder mehr „Sinn macht“ – als in anderen Investitionsformen…wegen des Qualitätsmanagements unserer Selbstverwaltung.)
Wir sind in unserem Wohnprojekt um die 60 Personen – also ein kleineres mittelständisches Unternehmen. Im Laufe eines Jahres müssen viele Entscheidungen getroffen werden, die vorher im Plenum (Bewohnerversammlung) besprochen, eingeschätzt und entschieden werden. Das ist nicht immer leicht und führt, je nach Emotionalität des Themas, auch mal zu hitzigen Debatten. Das ist aber sehr gut und hält uns lebendig. Wer das nicht mag oder den Sinn davon nicht erkennen kann, sollte sich gut überlegen, ob er oder sie in solch ein Projekt zieht.
Komischerweise werden Fragen nach der Konfliktkultur eines Wirtschaftsunternehmens bei Bewerbungsinterviews noch viel zu selten gestellt. Gehen Sie vielleicht davon aus, dass dies selbstverständlich ist? Sollten Sie nicht.
Entscheiden wir bald nach dem nach dem SK-Prinzip?
Erfreulicherweise ist beim systemischen Konsensieren ( SK-Prinzip) die mögliche Ablehnung eines Vorschlags im Plenum das entscheidende Kriterium. Im Unterschied zum angeblich basisdemokratischen Mehrheitsentscheid arbeitet man beim SK-Prinzip mit der „Ablehnung als Ressource“, um die nicht unbedingt gekämpft wird. Da alle erfolgreich sein wollen bei einer Abstimmung, bleibt nur die Möglichkeit, den Andersdenkenden soweit wie möglich entgegenzukommen. Konkret heißt das: alle Beteiligten sind bereits im Prozess der Lösungssuche bemüht Vorschläge zu entwickeln, die dann im Plenum nur geringe Ablehnung erfahren könnten.
Das setzt eine interessante Gruppendynamik in Gang, denn alle müssen dazu aufeinander zugehen, einen aufmerksamen Gedankenaustausch pflegen, sich gegenseitig zuhören und verstehen lernen und versuchen gemeinsam herauszufinden, was zum größtmöglichen Interessenausgleich führen könnte – um im entscheidenden Moment wenig Ablehnung zu erfahren.
So werden starke Energien wie zB Eigeninteressen systembedingt in Leistungen für das Gemeinwohl transformiert. Es geht dabei um eine Verhaltensumkehr gegenüber weit verbreiteten gruppenegoistischen, rücksichtsloseren Verhaltensmustern.
Der „bestaufgestellteste“ Vorschlag kommt so einem allgemeinen Konsens im Plenum am nächsten, weil er den wenigsten Widerstand erfährt – daher der Name Konsensieren. Damit geht gleichzeitig eine Minimierung des Konfliktpotentials einher, weil der größtmögliche Interessensausgleich der Gruppe erzielt worden ist. So fühlt sich keiner übergangen, der später seine Stimme erheben muss.
Beim systemischen Konsensieren gilt das Machtparadoxon: Wer Macht ausüben will, wird massiven Widerstand ernten und verurteilt sich selbst beim wesentlichen Konsensieren zu Misserfolg und Bedeutungslosigkeit.
Na…wär das was für Ihr Unternehmen?